Biosphärenregionen
Einführung und Begrüßung
zur Vortragsveranstaltung am 02.04.2004

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Freunde des ALPENFORUM,

die erste Veranstaltung des ALPENFORUM in Bad Homburg fand im vergangenen Jahr statt und setzte sich mit den Folgen des Klimawandels auseinander.

Das ALPENFORUM fühlt sich einer nachhaltigen Entwicklung des Alpenraums und anderer Bergregionen verpflichtet und ist inzwischen mit Landesgruppen in Österreich, in der Schweiz, in Deutschland, in Slowenien und in Italien vertreten. Zu den Leitvorstellungen des ALPENFORUM gehören der Schutz der Natur ebenso wie die Förderung der wirtschaftlichen und kulturellen Lebensbedingungen der einheimischen Bevölkerung.

Kaum eine andere Form der landschaftlichen Nutzung und Gestaltung kommt diesen Leitvorstellungen näher als der Begriff des Biosphärenreservats. Manche in unserem Land kennen diese Wortschöpfung noch nicht, oder verbinden damit unklare Vorstellungen.

1974, also vor 30 Jahren, rief eine Sonderarbeitsgruppe der UNESCO das weltumspannende Forschungsprogramm "Man and the Biosphere" ins Leben und schuf damit gleichzeitig den Begriff der Biosphere Reserves als einer neuen Form von Großschutzgebieten.

Das Weltnetz der Biosphärenreservate wurde 2 Jahre später gegründet und umfasst heute bereits 410 Regionen in annähernd 90 Staaten der Welt, davon je etwa zur Hälfte in Industrieländern, die andere Hälfte in Entwicklungsländern. Jedes Jahr kommen bis zu 10 solcher Regionen neu dazu.

In Deutschland gibt es inzwischen 14 solcher Regionen, darunter einige waldreiche Mittelgebirgsgebiete, mehrere Küstenzonen, der Nationalpark Berchtesgaden und nicht zuletzt eben die Rhön.

Um eine von der UNESCO anerkannte Biosphärenregion zu werden, müssen bestimmte Kriterien erfüllt werden, auf die unser heutiger Referent noch zu sprechen kommen wird. Biosphärenreservate haben weltweit eine steigende Bedeutung. Dies liegt daran, dass nicht nur die Natur einer bestimmten Region geschützt, sondern ebenso die wirtschaftliche Entwicklung der dort lebenden Bevölkerung gefördert werden soll. Das gilt nicht nur für ländliche, sondern auch für urbane Regionen.

Drei entscheidende Anforderungen werden an eine Biosphärenregion gestellt:

  1. Eine Schutzfunktion, nämlich den Schutz einer bestimmten Landschaft und ihrer Ökosysteme, sowie deren genetische Vielfalt an Tier - und Pflanzenarten.
  2. Eine Entwicklungsfunktion, nämlich der Förderung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung der Region, sowie
  3. Eine Forschungsfunktion, d. h. die Erarbeitung und den Austausch wissenschaftlicher Umweltdaten im weltweiten Netz der Biosphärenreservate, verbunden mit der Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der Umwelt.

Über die Frage der Anerkennung eines Gebietes als Biosphärenreservat entscheidet die UNESCO. Die Messlatte wird dabei hoch gesteckt: Die Anerkennung sichert einen erheblichen Imagezuwachs für die Region und ist weltweit heiß begehrt.

Eine große Bedeutung kommt in Biosphärenregionen dem Menschen selbst zu. Das gilt in unseren Breitengraden und erst recht in den Entwicklungsländern. Beispiele für eine wirtschaftliche oder soziokulturelle Entwicklung solcher Regionen sind der naturnahe Tourismus, die Verarbeitung und Vermarktung regionaler landwirtschaftlicher Spezialitäten und einer entsprechenden Gastronomie, ein hochentwickeltes Handwerk, ein innovativer, marktnischenorientierter Mittelstand, die Verarbeitung und Veredelung heimischer Ressourcen, z. B. von Holz, eine landschaftsgerechte Bauarchitektur, die Pflege kultureller Traditionen, künstlerische, sportliche, aber auch wissenschaftliche Aktivitäten.

Biosphärenreservate sind, wie bereits erwähnt, Knotenpunkte einer weltweit vernetzten wissenschaftlichen Forschung und Kommunikation auf dem Umweltgebiet. Das Weltnetz der Biosphärenreservate verfügt beispielsweise über umfangreiche Zeitmessungen von Klimadaten oder Daten zur Tier- und Pflanzenwelt und unterstützt damit u. a. die weltweite Klimaforschung. Die internationale Zusammenarbeit auf diesen Gebieten ist eindrucksvoll und erfolgreich. Ein Beispiel für transnationale Kooperation ist das Berggebiet der Karpaten. Hier haben drei Nationen - Polen, die Ukraine und die Slowakei -, weltweit erstmalig ein drei Staatsgebiete umfassendes, transnationales Biosphärenreservat ins Leben gerufen.

Man sollte nicht übersehen, dass solche Gebiete zum Teil auch Bestandteil der Europäischen Union werden oder inzwischen bereits schon sind. In den österreichischen Alpen wurde das erste Biosphärenreservat im großen Walsertal mit bemerkenswertem Erfolg eingeführt Im Entlebuch (in der Nähe von Luzern) entstand kürzlich eine weitere solche Region erstmalig auch in der Schweiz.

Das ALPENFORUM wird am 29. und 30. April dieses Jahres, also in wenigen Wochen, eine Konferenz im Schloss Finstergrün in Ramingstein durchführen und dort eine Initiative zur Gründung eines Biosphärenreservats in den österreichischen Ostalpen ins Leben rufen.

Solche Initiativen haben allerdings nur eine Chance auf Erfolg, wenn die Bevölkerung von der Richtigkeit eines derartigen Vorhabens überzeugt werden kann und sich dafür entscheidet. Deshalb sind Erfahrungen und erfolgreiche Vorbilder ganz wichtig. Diesem Informationsaustausch dient nicht zuletzt auch der heutige Abend.